Wahl am 26. Mai: Fast überall steckt Europa drin

03. Mai 2019 | Biber, BUNDzeit, Flüsse & Gewässer, Wolf, Wolf, Biber, Elch und Co

Vor der Wahl zum Europäischen Parlament ist viel von Brexit und anderen EU-Krisen die Rede. Höchste Zeit, die vielen positiven Seiten der EU zu würdigen. Ohne sie hätten wir weniger Naturschutzgebiete, für Artenschutz und Biodiversität sähe es düster aus, Luft und Wasser wären dreckiger und der Straßenverkehr lauter. Ein Überblick, warum es sich auch aus Umweltsicht lohnt, Europa gegen Nationalist*innen und Extremist*innen zu verteidigen.

Natur- und Artenschutz

NATURA 2000 steht für ein europaweites zusammenhängendes Netz besonderer Schutzgebiete, die nach der „Fauna-Flora- Habitat (FFH)-Richtlinie“ und nach der Vogelschutzrichtlinie eingerichtet wurden. In Berlin besteht es aus 15 FFH-Gebieten und fünf Vogelschutzgebieten auf einer Gesamtfläche von rund 6.300 Hektar. Das entspricht etwa sieben Prozent der Landesfläche. Dazu gehören Spandauer Forst, Grunewald, Tegeler Fließ und Schlosspark Buch. Im letzten Jahr kam das Gebiet Müggelsee/Müggelspree dazu. Besonderen Artenschutz genießen so unter EU-Recht der Biber, das Braune Langohr, die Wechselkröte, der Heldbock, der Große Feuerfalter, der Steinbeißer, das Sumpftorfmoos oder die Rentierflechte. Und ohne den Schutz durch die FFH-Richtlinie hätten die Wölfe wohl nicht nach Brandenburg zurückkehren können.

Gewässerschutz

Die EU-Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, ihre Gewässer in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen. Es gilt ein Verschlechterungsverbot. Berlin hat daher Gewässerentwicklungskonzepte für die Panke, das Tegeler Fließ, die Erpe, die Wuhle und Müggelspree/Müggelsee aufgestellt. Derzeit läuft die Renaturierung der Panke und des Tegeler Fließes.

Klimaschutz

Ohne Europa würden wir noch viel mehr Energie verschwenden. Mit dem Energieeffizienzlabel A+++ setzt die EU Standards für Geräte, die jede*r von uns nutzt. Mit europäischen Förderprogrammen wurde unter anderem das Große Tropenhaus im Botanischen Garten saniert. Seither spart es so pro Jahr über 500 Tonnen CO2 und entlastet den Landeshaushalt um 165.000 Euro. Bei den internationalen Klimaverhandlungen spielt die EU eine entscheidende Rolle. Zum einen reichen die bisherigen Reduktionszusagen der Staaten längst nicht aus, um die globale Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Zum anderen sind mit den USA und Brasilien zwei politische Schwergewichte zu eifrigen Bremsern geworden. Ohne die Führungsrolle und eine ambitionierte Klimapolitik der EU müssen wir uns endgültig vom Ziel verabschieden, die Erderwärmung auf zwei oder besser anderthalb Grad zu begrenzen.

Abfall

Fast alles, was den Umgang mit Abfall betrifft, beruht auf EU-Politik. So zeigt die EU-Strategie gegen Plastikmüll erste konkrete Auswirkungen: Plastik-Einweggeschirr und Plastikstrohhalme werden verboten. Und ab 2021 dürfen Einwegprodukte aus Kunststoff, für die es Alternativen aus anderen Materialien gibt, nicht mehr verkauft werden. Das Verbot gilt auch für Lebensmittelbehälter aus aufgeschäumtem Polystyrol, das an der Luft in kleinste Mikroplastikpartikel zerfällt.

Luft

Die EU nimmt den Schutz der Menschen vor Luftverschmutzung oft ernster als die Mitgliedsstaaten. Ohne Europa gäbe es keine verbindlichen Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide. Erst auf dieser Grundlage konnte Berlin die Umweltzone innerhalb des S-Bahnrings einrichten, um die schmutzigsten Fahrzeuge aus der Innenstadt zu verbannen. Auch die Kohlekraftwerke müssen ihren Schadstoffausstoß reduzieren, weil die EU Richtwerte setzt.

Lärm

Europa macht Berlin leiser: Lärmminderungspläne, Tempolimits wegen Lärm und Lärmschutz beim Straßenneubau beruhen auf EU-Richtwerten und Vorgaben. Derzeit wird die Friesenstraße asphaltiert, weitere Straßen wie etwa die Karl-Marx-Allee erhielten Flüsterasphalt. Dudenstraße und Brandenburgische Straßen bekamen Radstreifen, die die Straßen nicht nur (zumindest perspektivisch) leiser, sondern auch sicherer machen.

Recht auf Informationen

Das Umweltinformationsgesetz ist die Umsetzung der europäischen Aarhus-Konvention. Dank ihr haben die Umweltverbände Beteiligungs- und Klagerechte und einzelne Bürger*innen können umfangreiche Akteneinsicht einfordern. Ein aktuelles Beispiel: Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf musste Informationen zur Planung des bewaldeten Grundstücks am Dahlemer Weg herausgeben.

Warum die Europawahl so wichtig ist

Um in Europa Umwelt-, Natur- und Klimaschutz zu verteidigen und zu verbessern, müssen wir Politker*innen nach Brüssel schicken, die sich wirklich für diese Themen engagieren. Weil immer wieder nationale Egoismen ambitionierte EU-Politik blockieren, müssen die EU-Parlamentarier*innen auch bereit sein, einmal vom Kurs ihrer heimischen Regierung abzuweichen. So dürfen es die deutsche EU-Abgeordnete der Bundesregierung nicht mehr durchgehen lassen, wenn sie effektive Umweltpolitik auf EU-Ebene verhindert, so geschehen in der vergangenen Wahlperiode. Berlin verhinderte die Senkung des CO2-Ausstoßes von Autos und gab den entscheidenden Ausschlag bei der weiteren Zulassung von Glyphosat. Auch in der Handelspolitik spielt Deutschland eine maßgebliche, aber nicht immer rühmliche Rolle. So hat die Bundesregierung die TTIP-Verhandlungen vor fünf Jahren ins Rollen gebracht. Auch wenn die Verhandlungen derzeit stocken, kann dieses Freihandelsabkommen großen Schaden für Umwelt, Gesundheit und Verbraucher*innenschutz verursachen. Deutschlands Wähler*innen, die die meisten Abgeordneten ins Europäische Parlament entsenden, haben hier eine besondere Verantwortung.

Mehr zu BUND-Forderungen und einem Aufbruch in ein nachhaltiges Europa finden Sie bei unserem Bundesverband unter www.BUND.net/europawahl.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2019-2. 

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