Während die Planungen zur Bundesgartenschau, die im Jahr 2001 in Potsdam stattfand, in vollem Gange waren, hatte Jost Kremmler vom BUND Potsdam eine Idee: Ein Teil der BUGA-Flächen sollten nicht mit den üblichen Parkpflanzen bestückt, sondern sich selbst überlassen werden – als kleine Wildnisoasen. Damit stieß er bei den Planern der BUGA auf offene Ohren. So kam es, dass drei Teilflächen mit insgesamt 5.000 Quadratmetern als "Totalreservat" eingerichtet wurden, ganz im Sinne des sogenannten Prozessschutzes, eines der Leitbilder der Nationalparks, wo ein Teil der Flächen vom Menschen völlig unberührt sich selbst überlassen wird.
Damit sich die Natur auf diesen Flächen tatsächlich ungestört entwickeln kann, hat der BUND das Gelände gepachtet. Von Zeit zu Zeit ergänzen Ehrenamtliche die umsäumenden Schichtholzhecken mit Baumstämmen und Astwerk, um sie auf einer Höhe von anderthalb Metern zu halten. Besuchern, ja selbst den BUNDlern ist das Betreten der relativ kleinen und empfindlichen Areale allerdings nicht gestattet, nur die Biologen und Geoökologen der Uni Potsdam bilden eine Ausnahme. Sie untersuchen in einem langfristig angelegten Projekt die ungestörte Entwicklung des Gebietes. Jährlich erfassen sie, welche Pflanzen- und Tierarten vorkommen. Damit sammeln sie Daten über die natürliche Entfaltung des urbanen "Mini-Nationalparks" und die potentiell natürliche Vegetation des Potsdamer Raumes.
Die bisherigen Ergebnisse belegen, dass die Natur am besten weiß, was gut für sie ist! Die alten Robinien und Pappeln – Arten, die natürlicherweise nicht in Deutschland wachsen – werden altersbedingt nach und nach absterben und durch einheimische Arten ersetzt werden. Bereits vier Meter hoch sind die nachwachsenden Birken und Eichen, die sich dort von selbst angesiedelt haben. Damit einhergehend werden sich auf den Flächen ebenfalls einheimische Insekten ausbreiten, die nur auf bestimmten Baumarten vorkommen. So wird neben den bereits jetzt zahlreich vorhandenen Käferarten möglicherweise der seltene "Eichen-Heldbock" hier wieder ein Zuhause finden, wenn eines Tages genügend Eichen-Totholz vorhanden ist. Auch der eine oder andere Vogel zwitschert und tönt von den Bäumen herab. Darunter sind Goldammer, Grünfink, Blaumeise, Rotkehlchen, Zaunkönig, Neuntöter und die Amsel, also schon eine recht ordentliche Orchesterbesetzung. Spannend wird auch sein, ob sich invasive Arten wie die Kanadische Goldrute halten können oder ob sie von der einheimischen Vegetation wieder verdrängt werden.
Der BUND hofft, dass die Wildnisinseln in Zukunft sogar als Flächennaturdenkmal oder geschützter Landschaftsbestandteil anerkannt werden und damit einen rechtlich abgesicherten Schutzstatus erhalten. Damit wären die Biotope dauerhaft gesichert und ein Stück Wildnis könnte inmitten zersiedelter Landschaft weiter bestehen. Für die Erhaltung der Artenvielfalt spielen solche Naturinseln, auch Trittsteine genannt, eine wichtige Rolle. Nur durch sie sind die Tier- und Pflanzenarten in der Lage, sich auszubreiten und neue Lebensräume zu besiedeln. Ihre Existenz ist gerade in urbanen Gegenden von enormer Bedeutung.
Wer Hecken anlegen, Informationen verteilen oder einfach nur die Wildnisinseln kennenlernen möchte, ist beim BUND-Kreisverband Potsdam jederzeit herzlich willkommen. Zweimal im Jahr (im Frühjahr und Herbst) finden Arbeitseinsätze statt. Die ehrenamtlichen BUND-Aktiven, die dieses Projekt betreuen, freuen sich jederzeit über Ihre Mitarbeit!