Lido auf dem Trockenen

11. August 2025 | BUNDzeit, Wasser

Dem Rangsdorfer See geht langsam das Wasser aus. Höchste Zeit, ihm einen Besuch abzustatten. Wie so oft gilt: Der Weg ist eigentlich das Ziel.

Blick vom Strandbad auf das unbebaute Westufer des Rangsdorfer Sees. Foto: Sebastian Petrich

Mögen Sie Moorwälder? Aber hassen Sie eine lange Anreise? Dann sollten Sie durch die Glasowbachniederung am südlichen Berliner Stadtrand wandern. Los geht es in Blankenfelde. Besonders freundlich präsentiert sich der Bahnhof umbaubedingt derzeit nicht, der Ausgang führt durch ein Parkhaus auf die Hauptstraße, die wie in so vielen Gemeinden mit DDR-Vergangenheit Karl-Marx-Straße heißt. Schon nach wenigen Metern Richtung Süden fällt ein großes Transparent mit durchgestrichenem Flugzeugsymbol auf. „Flughafen Schönefeld, so nicht: Kein Nachtflug!“, fordert es. „Und kein Tagesflug“, möchte man ergänzen, denn die Maschinen donnern im Minutentakt über den Ort.

Durch die Paul-Gerhardt-Straße geht es in den Wald, wo der Wanderweg „Baruther Linie“ (roter Balken auf weißem Grund) beginnt. Während Gartenzäune den schmalen Pfad rechts säumen, erstreckt sich auf der linken Seite ein mit Laubbäumen bewaldeter Einschnitt. Es handelt sich um eine nacheiszeitliche Schmelzwasserrinne durch die Teltow-Hochfläche, durch die der Glasowbach sehr gemächlich gen Süden fließt. Der Wanderweg verläuft immer parallel. Jetzt noch schnell die L 40 überqueren und rein in die Wildnis.

Richtig still wird es dank Fluglärm zwar nicht, dafür aber ziemlich menschenleer. Unterdessen ist die Glasowbachniederung breiter geworden. Noch bis in die 1930er- Jahre sah man hier auf Wasser, auf den inzwischen komplett verlandeten Blankenfelder See. Nun haben sich für Niedermoore typischer Erlenbruchwald auf dem ehemaligen Seeboden etabliert, während auf Höhe des Wanderwegs Eichen das Bild prägen. Mit dem Fischotter lebt ein hierzulande seltenes Säugetier am Glasowbach; auch Kranich, Kuckuck, Rohrschwirl, Pirol, Teichralle und Eisvogel sind in dem Naturschutzgebiet zuhause.

Nach gut dreieinhalb Kilometern drängen sich Reifen- und Motorengeräusche in die Geräuschkulisse – der Berliner Ring (A 10) kündigt sich an. Sollte es in Ihrem Umfeld Menschen geben, die von den Segnungen des billigen Fliegens und des dichten Autobahnnetzes schwärmen, dann nehmen Sie sie mit auf diese Tour. Jetzt gilt es aber erst einmal die A 10 zu unterqueren. Auf der anderen Seite laufen wir ein paar Meter parallel zur Autobahn in Richtung Osten. Am nächsten Wegweiser könnten wir auch über das andere Ufer des ehemaligen Blankenfelder Sees zurück Richtung Berlin (nächste Bahnstation ist Dahlewitz) spazieren. Aber wir wollen ja zum Rangsdorfer See. Wenig später schimmert er schon blau-grün durch die Bäume.

Lido des Berliner Südens nannte man in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts den Rangsdorfer See, der Tausende Besucher*innen aus der Hauptstadt anzog. Im Sommer zum Baden, im Winter zum Eissegeln – dank seiner Tiefe von kaum mehr als zwei Metern fror der Rangsdorfer See immer als einer der ersten Seen in der Region zu. Doch frostige Winter sind selten geworden. Im Sommer könnte das Rangsdorfer Strandbad mit seiner weitläufigen, von Birken beschatteten Wiese auch heute noch ein großartiger Ausflugsort sein. Leider hatte die Gemeinde zuletzt Pech mit der Pächterin, das Kasino aus den 1930er-Jahren steht leer, das Gelände vermüllt.

Auch dem 244 Hektar großen See geht es nicht besonders gut, seit Jahren sinkt sein Pegel. Ausgerechnet der Flughafen BER, der die Gegend weiträumig verlärmt, könnte aber bei der Rettung behilflich sein. Derzeit fließt das Regenwasser der versiegelten BER-Flächen über den Selchower Flutgraben bei Zeuthen in die Dahme und somit irgendwann in die Nordsee. Im Planfeststellungsverfahren wurde die Möglichkeit festgeschrieben, einen Teil davon über den Glasowbach in den Rangsdorfer See zu leiten. Abgesehen von einem Testlauf 2019 passierte aber nichts. Allein schon wegen der Bedeutung, die das unter Naturschutz stehende Westufer mit seinen ausgedehnten Röhricht- und Großseggengesellschaften, Bruchwäldern und Feuchtwiesen als Rast- und Brutplatz für viele Vogelarten hat, würde sich etwas mehr Anstrengung zur Rettung des Sees lohnen.

Wanderstrecke Blankenfelde–Rangsdorf: ca. 7,5 km, Blankenfelde–Baruth: 45 km, www.barutherlinie.de

Anreise: S2, RE 8, RB 24 nach Blankenfelde
Abreise: RE 8, RB 24 ab Rangsdorf

Der Rangsdorfer See im BUND-Seenreport: www.BUND-brandenburg.de/seenreport

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 3/2025.

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