Als der BUND Berlin Ende 1980 aus dem als Sammelbecken verschiedenster Initiativen fungierenden Landesverband Umweltschutz Berlin hervorging und sich als eigenständiger Verein konstituierte, bewegte er sich in einem einzigartigen politischen Mikrokosmos. Westberlin, das war das Neben- und Gegeneinander einer seit 1955 ununterbrochen regierenden, von Bauskandalen heftig gebeutelten SPD, einer sozialliberalen FDP, einer vom Burschenschaftermilieu geführten CDU und einer gnadenlos hetzenden Springerpresse einerseits und einer großen, aber zersplitterten Alternativbewegung andererseits. Vor allem im halbeingemauerten Kreuzberg hatte sich ein Biotop der Nichtangepassten etabliert: Hausbesetzer*innen, Bundeswehrflüchtlinge, Biobackkollektive, gemeinsam diskutierende und demonstrierende Großwohngemeinschaften. Seit 1978 hatte die Alternativbewegung mit der taz ihre eigene Tageszeitung und mit der Alternativen Liste (AL) eine eigene Partei, die sich freilich als Antiparteienpartei verstand.
Von der westdeutschen Umweltbewegung unterschieden sich die in Westberlin aktiven Gruppen vor allem durch ihren kleineren Aktionsradius. Schnell mal durch die DDR zu einer Demo nach Brok- oder Wackersdorf fahren, war zwar nicht unmöglich, aber recht umständlich. Folglich konzentrierten sich die Aktiven auf geografisch näherliegende Themen, etwa auf die Berliner Wälder. Diese waren nicht nur den über Mitteleuropa damals niedergehenden sauren Regen, sondern auch durch Infrastrukturprojekte gefährdet. Schon 1977 erreichte die Berliner Umweltbewegung unter Beteiligung späterer BUND-Mitglieder ihren ersten großen Erfolg: Die landeseigene Bewag durfte kein Kohlekraftwerk im Spandauer Forst bauen, denn Wald ist auch etwas wert, so das Oberverwaltungsgericht sinngemäß.
Bei den ersten zwei Klagen des BUND ging es 1985 ebenfalls um Bäume. Der Bau der Autobahn nach Hamburg (heutige A 111) konnte zwar nicht verhindert werden, er fiel aber mit je einer Spur pro Richtung weniger deutlich schmaler aus als ursprünglich geplant. Auch in Sachen Baumfällung für die Magnetbahn am Kemperplatz in Tiergarten gab es im gleichen Jahr einen Teilerfolg vor Gericht – leider zu spät, da der Mini-Transrapid dort mittlerweile schon gebaut war. Dabei stellte die M-Bahn nur das kleinste Verkehrsprojekt dar, das Umwelt und Natur in Westberlin gefährdete. Immer noch verfolgte der Senat die Autobahnpläne aus den Sechzigerjahren, unter anderem eine Westtangente von Schöneberg über den Potsdamer Platz bis in den Wedding. Der BUND setzte diesen Plänen eine Initiative für einen grünen Flächennutzungsplan entgegen – Frischluftschneisen statt Lärmkorridore.
All diese Aktivitäten machten eine gewisse Professionalisierung unabdingbar. 1987 bezog der BUND ein eigenes Büro, ein Ladenlokal in der Jagowstraße in Moabit. In dem kleinen Raum diskutierten die Aktiven, schrieben Flugis und bastelten Transpis, ab 1988 arbeitete dort auch die erste Angestellte des Verbands. Im Februar 1989 hieß es plötzlich, alle Arbeiten liegen zu lassen – die AL, die zusammen mit der SPD überraschend eine Mehrheit bei der Neuwahl des Abgeordnetenhaus erzielt hatte, bat den BUND, die umweltpolitischen Forderungen für die Koalitionsverhandlungen zu formulieren. Sollte jetzt der Durchbruch kommen, der große ökologische Stadtumbau?
Fortsetzung: Die Neunzigerjahre: Aufbruchsstimmung im Osten, Professionalisierung im Westen
Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2021-1. Mehr zum Schwerpunktthema „30 + 40 Jahre BUND in Brandenburg und Berlin“:
Die Nullerjahre: Der Staat wird es nicht richten
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