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Zeit für die Stammbahn

19. Mai 2020 | BUNDzeit, Mobilität

Wie kommt der Pendler*innenverkehr zwischen Berlin und dem südwestlichen Brandenburg auf die Schiene? Dazu gibt es nur eine sinnvolle Möglichkeit: die Reaktivierung der Stammbahn zwischen Griebnitzsee und Zehlendorf.

Die schwarze Linie markiert die historische Trasse der Stammbahn. Karte: openstreetmap.org

Seit das Bundesverkehrsministerium die Stammbahn als Regionalbahnverbindung in die Planung des sogenannten Deutschlandtakts aufgenommen hat, ist die Renaissance der ersten Bahnstrecke Preußens ein Stückchen realistischer geworden. Das ist dringend nötig, denn abgesehen vom Corona-bedingten Einbruch sind die Züge auf der Bahnverbindung über Wannsee überfüllt – und weitere Züge können dort nicht fahren, weil die Stadtbahn ab Charlottenburg total überlastet ist.

Wem es mit dem Klimaschutz ernst ist, muss nicht nur an die heutigen Fahrgäste denken, sondern auch an die, die derzeit noch mit dem Auto zwischen dem südwestlichen Brandenburg und Berlin pendeln. Dabei geht es nicht nur um Menschen aus Potsdam, sondern auch aus den Gemeinden der zweiten oder dritten Reihe bis nach Sachsen-Anhalt – und um die rund 70.000 aus Kleinmachnow/Stahnsdorf, den einwohnerstärksten Gemeinden Brandenburgs ohne eigenen Bahnanschluss.

Der Wiederaufbau der Stammbahn ruft auch Kritiker*innen auf den Plan. Ein örtliches Bündnis moniert, der zweigleisigen Strecke fielen 40 Hektar Wald zum Opfer. Zudem nutze sie Kleinmachnow und Stahnsdorf nichts, da keine Haltepunkte vorgesehen seien. Beide Behauptungen sind falsch. Die Flächeninanspruchnahme durch die Bahn liegt bei allenfalls zwölf Hektar und alle Planungen sehen Stationen in Kleinmachnow und Dreilinden/Europarc vor.

Als Alternative zur Stammbahn wird immer wieder das Industriegleis neben der S1 zwischen Zehlendorf und Wannsee genannt. Vermeintliche Vorteile: Der derzeit überwucherte Teil der Stammbahn zwischen Zehlendorf und Griebnitzsee könnte bleiben wie er ist, es müsste lediglich ein Bahnsteig in Zehlendorf reaktiviert werden. Ganz so einfach ist es nicht.

Am Industriegleis wäre wie an der Stammbahn Lärmschutz nötig und die Kapazitäten der eingleisigen Strecke reichen ebenso wenig aus wie die des Bahnhofs Wannsee, der schon heute ein Nadelöhr darstellt. Ohne die Fortführung bis zum Nord-Süd-Tunnel bringt eine Regionalbahn nach Zehlendorf wenig. Vor allem aber bliebe Kleinmachnow ohne Bahnanschluss. Da hilft auch der Vorschlag nicht, westlich von Wannsee eine Stichstrecke nach Dreilinden auf dem Korridor der ab 1953 weitgehend demontierten Friedhofsbahn zu bauen. Für die Reaktivierung dieser Trasse müssten ebenso wie bei der Stammbahn Bäume fallen, für den Naturschutz wäre nichts gewonnen.

Der BUND fordert einen frühzeitigen Dialog, um Interessen der Anwohner*innen und des Naturschutzes einzubinden und mögliche Konflikte zu vermindern.

Mehr zur Stammbahn und anderen Schienenkorridoren unter www.buendnis-schiene-bb.de  

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2020/2.

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