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Kohleausstieg: Immerhin ein Anfang

03. Mai 2019 | BUNDzeit, Energiewende, Klimawandel, Kohle

Er kommt zu spät und dauert zu lang. Dennoch ist der Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft mit dem Bericht der Kohlekommission nun Konsens. Jetzt geht es ans Konkretisieren und Umsetzen.

Fridays-for-Future-Demo in Berlin. Foto: Björn Obmann

Monatelang hatte die Kohlekommission getagt, um sich auf folgenden Kompromiss zu einigen: 2038, vielleicht auch 2035 ist Schluss mit der Kohleverstromung, neue Tagebaue wird es nicht geben. Bis 2022 sinkt die installierte Leistung der Kohlekraftwerke gegenüber 2017 um ein Viertel und 2030 dürfen höchstens noch 16 Gigawatt Kohlestrom am Netz sein.
Damit ist es offiziell: Das Sektorziel für die Energiewirtschaft aus dem Klimaschutzplan 2050 bedeutet das Ende der Kohleverstromung. Deshalb hat der BUND in der Kommission dem Kompromiss zugestimmt. Zusammen mit den anderen Umweltverbänden hat er aber in einem Minderheitsvotum deutlich gemacht, dass das späte Ausstiegsdatum 2038 und das Fehlen eines konkreten Ausstiegspfads bedeuten, dass Deutschland seine durch das Pariser Klimaabkommen völkerrechtlich verbindlichen CO2-Einsparverpflichtungen nicht halten wird. Deshalb gilt es die vereinbarten Revisionszeitpunkte 2023, 2026 und 2029 zu nutzen, um die Abschaltvorgaben zu korrigieren.

Dass es im Kommissionsbericht keine (terminliche) Festlegung zur Stilllegung von Braunkohlekraftwerken und -tagebauen in der Lausitz gibt, ist der Blockadehaltung der Landesregierungen von Brandenburg und Sachsen geschuldet. Zu groß ist deren Angst, vor den Landtagswahlen im September den Klimawandelleugner*innen von der AfD ein Kampagnenthema zu liefern. Dabei hätten sie allen Grund, sich für den Kohlekompromiss feiern zu lassen, denn mit den gleichzeitig vereinbarten Kompensationen in Milliardenhöhe haben sie einen hervorragenden Deal für die Kohleregionen abgeschlossen.

Der Kohlekompromiss wird Folgen haben

Wie auch immer die nächste Brandenburger Landesregierung aussieht, sie muss die Energiestrategie überarbeiten. Die oben erwähnten Begrenzungen der installierten Stromerzeugungskapazitäten aus Braunkohle bedeuten, dass das Kraftwerk Jänschwalde Anfang der Zwanzigerjahre, spätestens aber bis 2025 vom Netz muss. Das darf nicht davon abhängig gemacht werden, ob das im Kommissionsbericht für Jänschwalde befürwortete Innovationsprojekt (vermutlich ein Flüssigsalz- Wärmespeicher) bis dahin funktionsfähig ist.

Aus der aus dem Kohlekompromiss folgenden Stilllegung von Jänschwalde und anderen Braunkohlekraftwerken ergibt sich ein deutlich niedrigerer Brennstoffbedarf. Die bereits genehmigten Tagebaue reichen sogar bei den jetzigen Kraftwerkskapazitäten mindestens bis 2033. Deshalb fordert der BUND, die gültigen Braunkohlepläne dem gesunkenen Kohlebedarf anzupassen und den 2014 beschlossenen, aber noch nicht begonnenen Tagebau Welzow Süd II zu stoppen. Dies ist leider nicht im Kompromiss verankert. Obwohl klar ist, dass es sich bei Welzow Süd II um einen neuen Tagebau handelt, der laut Kohlekompromiss ausgeschlossen ist, argumentiert die Kohlefraktion, es handele sich lediglich um eine Erweiterung. Nach BUND-Berechnungen reicht die Kohle im bestehenden Tagebau Welzow Süd I ohnehin bis 2038. Es ist den Bürger*innen von Proschim, die Welzow Süd II weichen müssten, daher nicht zuzumuten, weiter im Ungewissen zu leben. Die Landesregierung muss jetzt endlich Klarheit schaffen und den Tagebau absagen!

Eine weitere offene Frage ist der künftige Umgang mit der LEAG. Nachdem die Brandenburger Regierung den neuen Tagebau nicht mehr mit Versorgungssicherheit begründen kann, versucht sie drohende Regressansprüche des Energieunternehmens vorzuschieben. Aber selbst innerhalb der Regierung scheint man sich nicht einig zu sein, ob wirklich Entschädigungen zu befürchten sind. Größere Sorgen sollten die Rückstellungen bereiten, die die LEAG für die Rekultivierung der Tagebaue zu bilden hat. Der BUND fordert, sie mittels konkreter Sicherheitsleistungen etwa in Form von Bankbürgschaften zu sichern, damit sie später nicht im unübersichtlichen Firmengewirr des tschechischen Mutterkonzerns EPH verschwinden können. Die von Sachsen abgeschauten „Zweckgesellschaften“ bieten keine Sicherheit.

Wie jetzt weiter?

Natürlich kann eine Kommission keine Gesetze verabschieden. Der Bundestag muss daher schnell den Kohleausstieg in einem Klimagesetz beschließen. Auch die übrigen Sektoren (Landwirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr) müssen darin auf konkrete CO2- Minderungen verpflichtet werden. Welche Herausforderungen damit verbunden sind, zeigt sich bei der kleinen Schwester der Kohlekommission, der Verkehrskommission. Nicht zuletzt weil sich Verkehrsminister Scheuer ständig einmischte, kam sie bislang zu keinem Konsens.

Müll ist kein Ersatz für Kohle

Berlin hat bereits den Kohleausstieg beschlossen. Bis 2030 sollen die Steinkohlemeiler in der Stadt vom Netz gehen. Der BUND setzt darauf, den Anteil der erneuerbaren Energien drastisch zu steigern. Um klimaneutral zu wer- den, müssen die Gebäude energetisch saniert werden. Eine Ausweitung der Kapazitäten zur Energiegewinnung aus Abfall muss dagegen verhindert werden. Schließlich verfolgt Berlin auch das Ziel, Zero-Waste- Hauptstadt zu werden. Außerdem bringen Vermeidung, Wiederverwendung und Recycling deutlich mehr fürs Klima als die Verbrennung wertvoller Rohstoffe.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2019-2

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