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Kein Sommer wie jeder andere

26. Oktober 2018 | BUNDzeit, Energiewende, Flüsse & Gewässer, Klimawandel, Kohle, Kohle, Landwirtschaft, Wälder

Das Hitze- und Dürrejahr 2018 hat einen Vorgeschmack darauf geliefert, was in den nächsten Jahrzehnten Standard werden könnte. Das muss Konsequenzen haben.

Die gute Nachricht ist: Vor 478 Jahren war es deutlich schlimmer. 1540 fiel in etlichen Orten Europas elf Monate lang kein Regen und schon im Frühjahr war es außergewöhnlich heiß. Brunnen versiegten, Wälder brannten, Felder verdorrten, das Vieh musste notgeschlachtet werden. Weil die Flüsse nur noch klägliche Rinnsale waren, in denen tote Fische kieloben schwammen, standen die mit Wasserkraft betriebenen Mühlen still. Rund eine Million Menschen starben damals in Folge der Dürre. Dass wetterbedingt der Wein von 1540 noch lange als „Jahrtausendwein“ gelten sollte und heute eine übrig gebliebene Flasche in Würzburg als der älteste prinzipiell noch trinkbare Wein der Welt gefeiert wird, war den damals von der Dürre Betroffenen sicher keine Hilfe.

Die schlechte Nachricht ist: Kein anderes Jahr war hinsichtlich Trockenheit und Hitze 1540 ähnlicher als 2018. Noch nie seit Beginn der systematischen Wetteraufzeichnungen 1881 fiel in Deutschland von April bis Juli weniger Regen; im bundesweiten Schnitt waren es im Juli 40 Millimeter, im langjährigen Juli-Mittel sind es weit über 80 Millimeter. Mit April und Mai waren gleich zwei auf einander folgende Monate die wärmsten bislang in Deutschland gemessenen und jeder Monat einschließlich September war wärmer als im Mittel der Jahre 1981 bis 2010.

Wie bei jedem extremen Wetterereignis lässt sich bei einzelnen Spitzentemperaturen nun trefflich streiten, ob sie dem Klimawandel geschuldet sind. Unbestritten häufen sich aber die Anomalien, so kamen in Deutschland 10 der 15 wärmsten Jahre im 21. Jahrhundert vor. Derweil kommen aus der Wissenschaft beunruhigende Nachrichten: Der Weltklimarat warnt, dass auch eine Erwärmung um nur 2 °C fatale Folgen haben wird, und das Potsdam- Institut für Klimafolgenforschung (PIK) stellt eine Verbindung zwischen dem rapiden Abschmelzen des arktischen Eises und der Verlangsamung des Jetstreams, eines der Höhenwinde über der Nordhalbkugel, her. Der Jetstream ist für die Veränderung von Großwetterlagen verantwortlich. Verliert er an Fahrt, so ändern sich Wetterlagen über Monate nicht. Dies könnte die Beständigkeit des verregneten Sommers 2017 ebenso erklären wie die der Kältewelle in Nordamerika im Winter 2015/2016 – oder eben des Hochdruckgebiets, das uns 2018 in Mitteleuropa einen im April beginnenden Hitzesommer bescherte.

Schluss mit der Wachstumsideologie

Die Aussicht, derlei Wetterlagen in Zukunft häufiger erleben zu müssen, lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu. Erstens: Es liegt im allgemeinen Interesse, die globale Erwärmung zu bremsen. Um die Verpflichtungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen, müssen ein verbindlicher Fahrplan für den schnellen Kohleausstieg und eine umfassende Effizienzrevolution her. Zweitens – und das ist die eigentliche Neuigkeit – verursacht der Klimawandel heute schon hohe Schäden.

Dank des technischen Fortschritts führen mehrere heiße und trockene Monate im Mitteleuropa des Jahres 2018 nicht mehr zu einem Massensterben, die Versorgung mit Nahrung und Trinkwasser ist nicht gefährdet. Dennoch leiden Menschen unter den hohen Temperaturen und sterben vorzeitig, weil die Grenzen der körperlichen Belastbarkeit durch Hitze erreicht sind.

Der Sommer 2018 war auch für die Städte in Europa eine Erinnerung, auf Hitze und Dürre noch stärker mit Grünschneisen für frische und kühle Luft zu reagieren. Verkehrs- und Bauplanung muss künftig für deutlich weniger versiegelte Flächen und weniger Abgase sorgen. Und natürlich gibt es viele kleine Details, die das Leben in den kommenden Hitzesommern leichter machen, zum Beispiel Trinkwasserspender im öffentlichen Raum, beschattete Bushaltestellen und Straßenbahnen, die auf einem Rasengleis statt auf einem Betonbett fahren.

In Berlin und Brandenburg sind die Folgen der Dürre unübersehbar. Ernteausfälle und Waldbrände zeigen, dass sich Land- und Forstwirtschaft auf neue Gegebenheiten einstellen müssen. Anders als 1540 müssen zwar keine Menschen verdursten, dennoch ist die Trockenheit ein großes Problem. Im August ist die Schwarze Elster ausgetrocknet, die Schifffahrt auf Oder und Elbe wurde eingestellt und private Spree-Anlieger durften kein Wasser mehr aus dem Fluss entnehmen. Weil das nicht reicht, wird die Spree zusätzlich mit Wasser aus sächsischen Talsperren gespeist.

Also alles eine Frage des Managements? Möglicherweise – wäre da nicht der Braunkohletagebau. Aus den aktiven wie auch den stillgelegten Tagebauen gelangt Sulfat in die Spree, aus der Berlin und Frankfurt/Oder ihr Trinkwasser gewinnen. Um die Grenzwerte einzuhalten, müssen die Wasserwerke mehr Grundwasser beimischen, was für die Verbraucher*innen langfristig teuer wird und zu Problemen für die Pflanzenwelt führt, wenn sich die trockenen Sommer häufen. Gleichzeitig beanspruchen die ausgekohlten Tagebaue sehr viel Wasser zur „Rekultivierung“, also zur Anlage künstlicher Seen. Jeder weitere Quadratmeter Lausitz, aus dem Braunkohle herausgeholt wird, verschärft den Wassermangel. Für Brandenburg kann die Lehre des Dürresommers 2018 daher nur lauten, jetzt den schnellen Kohleausstieg zu beschließen.

Der Artikel erschien in der BUNDzeit 2018-4; Titelthema: Hitze & Dürre 2018.  

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