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Karpfens Not und Kormorans Freud

26. Oktober 2018 | Bäume, BUNDzeit, Klimawandel, Landwirtschaft, Naturschutz, Vögel und Fledermäuse

Wie Flora und Fauna 2018 auf Trockenheit und Hitze reagiert haben

Diesen Sommer wurden häufig dehydrierte Eichhörnchen gefunden, die aus ihrem Kobel gefallen waren. Foto: Dellex, CC BY-SA 3.0, www.kurzlink.de/ccbysa

Für die Berliner Bäume war 2018 das zweite schlechte Jahr in Folge. Nachdem Sturmtief Xavier im Herbst 2017 mindestens 46.000 Wald- und 10.000 Straßen- und Parkbäume umgerissen hatte, setzte ihnen nun die Trockenheit hart zu. Nach Angaben des landeseigenen Betriebs Berliner Forsten sind etwa drei Viertel der etwa 400.000 im Herbst und Frühling gepflanzten Laubbäume im Lauf des Sommers vertrocknet – ein Rückschlag für den Waldumbau, der durch einen höheren Mischwaldanteil dem Boden weniger Wasser entziehen soll. Auch den ausgewachsenen Bäumen war der Wassermangel anzusehen, sie warfen schon mitten im Sommer Laub und ganze Äste ab. Wie groß die Schäden bei den Straßenbäumen sein werden, wird sich erst 2019 zuverlässig sagen können, sie dürften aber erheblich ausfallen, schließlich wachsen sie unter erschwerten Bedingungen: begrenzter Raum für die Wurzeln, dafür einige Grad wärmere Temperatur und jede Menge Stress durch Abgase und Hundeurin.

Neben der Forstwirtschaft muss sich auch die Landwirtschaft umstellen, damit die Bäuerinnen und Bauern nicht bei jedem Extremereignis in Existenznot geraten. Das bedeutet unter anderem vielfältigere Fruchtfolgen, Zwischenfruchtanbau und ein geringerer Tierbestand, der dem vorhandenen Grünland angepasst ist. Unfairerweise traf die Hitze 2018 nicht nur die Betriebe, die mit riesigen, überdüngten Maiskulturen für die Massentierhaltung selbst zur Klimaerwärmung beitragen, sondern auch den Gartenbau. So sind Teltower Rübchen knapp geworden, weil sie dieses Jahr nur mit Bewässerung wuchsen.

Gewinner und Verlierer

Trotz Trockenstress haben die Wildtiere den Sommer 2018 nach Einschätzung des Berliner Wildtierbeauftragten Derk Ehlert gut überstanden. Auch wenn für manche Arten das Futterangebot knapper wurde, seien keine bestandsgefährdenden Verluste zu verzeichnen. Weil das Maisangebot auf den Feldern vertrocknete, wird die Wildschweinpopulation wohl schrumpfen. Allerdings profitierten manche Tiere auch von der Trockenheit, etwa Fischadler und Kormorane, die nach Angaben des brandenburgischen Landesfischereiverbands in flacher gewordenen Teichen leichter an Karpfen und andere Zuchtfische kamen. Anders als im schweizerischen Rhein, im Aasee bei Münster und in der Alster in Hamburg kam es zu keinem massenhaften Fischsterben in Berlin und Brandenburg, obwohl einige Gewässer die 30°C-Marke erreichten. Das ist dem Ausbleiben von starken Regenfällen zu verdanken, die in anderen Jahren die Kanalisation zum Überlaufen und damit verschmutztes Wasser in die Flüsse gebracht hatten.

Die neuen klimatischen Bedingungen nützen auch Tieren mit zweifelhaftem Ruf. Etwa den Zecken der aus Nordafrika stammenden Gattung Hyalomma. Sie gelangen auf Zugvögeln, die ihnen als Wirte dienen, Ende März, Anfang April millionenfach nach Mitteleuropa, erklärt der Biologe Olaf Kahl von zecken-radar.de. Da sie unter normalen Bedingungen das hiesige Frühjahr nicht überleben, wurden in der Vergangenheit nur sehr vereinzelt Hyalomma gefunden. 2018 waren es über 20. Problematisch sind diese tropischen Zecken, weil sie Überträger des Krim-Kongo-Hämorrhagischen-Fieber-Virus sein können. Dieses Virus wird durch den Stich einer infizierten Hyalomma-Zecke, aber auch über durch Zeckenstich infizierte Großsäuger auf den Menschen weitergegeben und kann mit einer Letalität von fünf bis zehn Prozent Menschen richtig gefährlich werden. Eine entscheidende Frage ist für den Zeckenforscher Kahl nun, ob auch heimische Zecken wie der Gemeine Holzbock das Virus nach dem Saugakt auf einem infizierten Tier über längere Zeit beherbergen und beim nächsten Stich übertragen können. Den herkömmlichen Zecken hat der trockene Sommer übrigens nicht gutgetan, in Berlin und Brandenburg ging ihre Aktivität stark zurück. Dennoch gab es heuer vermehrt Zeckenstiche – vermutlich weil sich bei dem sonnigen Wetter mehr Menschen im Grünen aufhielten.

Der Artikel erschien in der BUNDzeit 2018-4; Titelthema: Hitze & Dürre 2018.  

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