Auwald, Bodenkunde und Industriekultur

15. Februar 2025 | Bäume, BUNDzeit, Naturerleben, Umweltbildung

Die Zwei-Straßenbahnen-Tour im Berliner Südosten führt über den Kleinen Spreewald in Schöneiche und den Kalktagebau Rüdersdorf nach Woltersdorf

Je nach Perspektive ist der Kleine Spreewald gar nicht so klein. Foto: Sebastian Petrich

Am S-Bahnhof Friedrichshagen beginnt der Ausflug mit dem Einstieg in die Tram in Richtung Rüdersdorf und der Frage, ob man wirklich in einer Bahn mit der Liniennummer 88 fahren möchte. Aber an der vierten Haltestelle steigen wir schon wieder aus, werfen einen kurzen Blick auf den Betriebshof der einzigen meterspurigen Straßenbahn in Berlin und Umland, auf dem einige historische Triebwagen abgestellt sind, und folgen der Rahnsdorfer Straße, bis linkerhand eine Grünanlage beginnt. Auf den ersten Blick wirkt sie eher unspektakulär, doch das ändert sich schnell.

Nach gut 100 Metern könnten wir links in den Kräutergarten abbiegen, doch wir begeben uns stattdessen nach rechts auf den Pfad der Sinne mit seinen naturpädagogischen Stationen. Beim Baumborkenrätsel gilt es den Baum zu erkennen: Robinie, Hainbuche, Birke, Ulme, Stieleiche oder Weide? Ein paar Meter weiter lädt das Baumtelefon zu Körperschallexperimenten ein und am Fühlbaum sollen wir schätzen, wie alt ein Baum ist. Um Bodenexpertise geht es an einer weiteren Station: Dort lautet die Aufgabe, etwas Wasser in verschiedene Typen von Erde zu gießen und die Folgen zu beobachten. Aber woher das Wasser nehmen? Am besten einfach mal umdrehen: Da fließt doch etwas, nicht direkt reißend, aber immerhin mit Fischtreppe.

Das Fredersdorfer Mühlenfließ ist die Lebensader des viereinhalb Hektar großen Geländes, das seinen Namen Kleiner-Spreewald-Park völlig zu Recht trägt. Beim Spaziergang über die Holzstege im zentralen Teil fühlt man sich tatsächlich ein bisschen an die Auwälder der Lausitz erinnert. Zu verdanken haben wir dieses Kleinod dem Gastwirt Max Mann, der vor rund 100 Jahren ein kleines Kanalnetz anlegen und vom Mühlenfließ speisen ließ. Sein Kalkül, mit Kahnfahrten die Berliner*innen in sein Ausflugslokal „Manns Waldschloß“ (später „Manns Kleiner Spreewald“) zu locken, ging auf. Bis in die 1970er-Jahre schipperten die Kähne durch den Park, die Gaststätte betrieb die HO bis 1990. Der Dornröschenschlaf des Kleinen Spreewalds endete, als das Naturschutzaktiv Schöneiche, das gleichzeitig BUND-Ortsgruppe ist, mit der Frauengruppe Lebensart das Gelände ab 1996 zur öffentlichen Parkanlage machte. Idyllisch ist es.

Wer an einem sonnigen Februartag durch den Kleiner-Spreewald- Park geht, sieht nicht unmittelbar, was ihn bedroht. Seit 20 Jahren leidet der Park an Wasserdefiziten, bis zu 200 Tage jährlich fallen seine Kanäle trocken. In den Dürrejahren 2018–2022 führte auch das Fredersdorfer Mühlenfließ im Sommer gar kein Wasser mehr in diesem Abschnitt. Die globale Erhitzung macht sich in Schöneiche längst bemerkbar.

Zurück in die Straßenbahn, diesmal bis zum Museumspark Rüdersdorf. Sein Besuch ist allen empfohlen, die sich für Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts, Kalköfen und geologische Funde interessieren. Den anderen reicht vielleicht ein Blick in den bis heute aktiven Kalksteintagebau. Dazu folgen wir dem am Museumsparkplatz beginnenden Fußweg bis zum Tagebaufenster an der Grünen Kehle. Von dort aus geht es durch den Rüdersdorfer Ortskern, die Fußgängerbrücke über den Kalkgraben, auf der Karlstraße unter dem Berliner Ring durch und dann immer das Ufer des Kalksees entlang in Richtung Süden zur Woltersdorfer Schleuse. Das sind gute viereinhalb Kilometer. Kurz bevor sich der Kalksee zum Kanal verengt, zeigt sich vom Uferweg aus nicht mehr die gegenüberliegende Seeseite, sondern ein kleiner, zauberhafter Auwald.

An der Woltersdorfer Schleuse schließlich erreichen wir die zweite Tram, die Linie 87 zum S-Bahnhof Rahnsdorf. Wer noch mehr Bewegung braucht, besteigt vorher schnell noch den Kranichsberg, der mit seinen 105 Meter einen hübschen Blick in Richtung Erkner gestattet. Auf der Rückfahrt nach Berlin erwischt man Anfang 2025 mit etwas Glück auf der Linie 87 noch einen historischen Gothawagen, bevor diese Fahrzeuge aus den 1960er-Jahren in den kommenden Monaten ausrangiert werden.

Kleiner-Spreewald-Park: www.gruenewabe.de

Freiluftmuseum Rüdersdorf: www.museumspark.de

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