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Wasserrahmenrichtlinie: Viel Arbeit für sieben Jahre

24. August 2020 | BUNDzeit, Flüsse & Gewässer, Landwirtschaft, Naturschutz, Oderausbau

Bis 2027 müssen alle Süßwasserökosysteme in einem guten Zustand sein. Das verlangt die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Wie weit sind die Gewässer in Berlin und Brandenburg?

Alles andere als naturnah: Spree im Berliner Regierungsviertel

Aus Brüssel kam Ende Juni eine gute Nachricht: Der Zeitplan und die Anforderungen der WRRL bleiben, wie sie sind. Die EU-Kommission hat dem Druck diverser Lobbys standgehalten und eine Fristverlängerung abgelehnt. Nun müssen also bis spätestens 2027 alle europäischen Flüsse, Seen, Moore und Grundwasserkörper in einem guten Zustand sein. Bislang haben nur 40 Prozent der Süßwasserökosysteme in der EU den guten ökologischen Zustand erreicht. Unsere Region sieht dabei schlechter als der EU-Durchschnitt aus. In Brandenburg weisen nur 5,5 Prozent der Fließgewässer und 13 der stehenden Gewässer den guten Zustand auf. In Berlin befindet sich keines der Fließgewässer und nur ein Grundwasserkörper in einem guten chemischen, ökologischen und mengenmäßigen Zustand.

Stoffliche Belastungen

In Brandenburg gelangen Stickstoff- und Phosphorverbindungen aus der Landwirtschaft in die Gewässer. Da die novellierte Düngemittelverordnung dies nicht entscheidend reduziert, fordert der BUND mindestens zehn Meter breite Gewässerrandstreifen, in denen weder Düngemittel noch Pestizide zum Einsatz kommen dürfen. Vor allem in Berlin kommen Einträge aus Kläranlagen, Straßenabschwemmungen und verkehrsbedingten Luftschadstoffen hinzu. Ein weiteres Problem stellt die Belastung mit Sulfat aus dem Braunkohletagebau in der Lausitz dar.

Durchgängigkeit

Mehr als zwei Drittel der Berliner Fließgewässer sind aufgrund von Schleusen und Wehren für Fische nicht oder nur schwer passierbar. Auf Brandenburger Gebiet gilt dies auch für Havel und Spree. Wanderfische wie Lachs, Stör, Meerforelle und Aal können Berlin und weiter flußaufwärts gelegene Regionen gar nicht erreichen. Der BUND fordert, spätestens bis 2024 alle Fließgewässer für wandernde Arten durchgängig zu machen.

Gewässerstruktur

Fast alle Berliner Ufer im städtischen Bereich sind mit Mauern oder Spundwänden befestigt. Dort fehlen Flachwasserzonen und Röhrichtvorkommen. Naturnahe Ufer wiederherzustellen (oder im Fall der Kanäle erstmals zu schaffen), um den von der WRRL geforderten guten ökologischen Zustand wiederherzustellen beziehungsweise bei „erheblich veränderten Wasserkörpern“ ein gutes ökologisches Potenzial zu schaffen, mag nicht trivial sein. Umso ärgerlicher ist es, wenn Gelegenheiten dazu ausgelassen werden. Derzeit lässt das Land Berlin die Ufer der innerstädtischen Spree zwischen Schleuse Charlottenburg und Schleuse Mühlendamm sanieren, ohne dabei die Anforderungen der WRRL ausreichend zu beachten. Wenig hilfreich ist außerdem, dass der Bauboom der vergangenen Jahre auch die Ufer nicht ausgelassen hat. Im Ergebnis haben nicht nur Wasservögel, Biber und Fischotter nun weniger Lebensraum – auch die menschliche Stadtbevölkerung mit Ausnahme weniger Wohnungseigentümer*innen ist mehr und mehr von den Ufern abgeschnitten.

Ressourcen, Zuständigkeiten und Beteiligung

Warum geht die Umsetzung der WRRL so langsam voran? Um die nötigen Planungs- und Genehmigungsprozesse durchzuführen, fehlt es vor allem bei den Berliner Behörden und bei der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes an Personal. Aus den Bewirtschaftungsplänen, die für die einzelnen Flussgebiete – in unserem Fall Elbe und Oder – veröffentlicht wurden, geht nicht klar hervor, welche Budgets für die (Wieder-)Herstellung des guten ökologischen Zustands der Gewässer nötig sind. Nicht minder problematisch sind die unklaren Zuständigkeiten. Solange die angekündigte Novellierung des Bundeswasserstraßengesetzes aussteht, bleibt bei vielen Gewässern unklar, wer für ihre ökologische Sanierung verantwortlich ist. Wichtig ist zudem, die Öffentlichkeit einzubeziehen und für die WRRL zu begeistern. In der Vergangenheit stießen Planungen auf Unverständnis vor Ort und scheiterten. Aktive Informationsarbeit und Mitwirkungsmöglichkeiten können dieses Risiko verringern.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 20-3. Mehr zum Thema Wasser:

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