Machen wir uns nichts vor: Die Lage ist ernst. Bei der Landtagswahl am 22. September können die extrem rechten Kräfte stark werden. Jene Kräfte, die die Gesellschaft spalten, Menschenfeindlichkeit salonfähig machen, mit Diktaturen sympathisieren, die freiheitlich-demokratische Grundordnung aushöhlen, Wissenschaft ablehnen, die menschengemachte globale Erhitzung leugnen. Es ist die Pflicht aller Demokrat*innen, sich dieser Entwicklung entgegenzustellen. Das heißt aber nicht, die Leistung der derzeitigen Landesregierung unkritisiert zu lassen.
In Sachen Klimaschutz ist die rotschwarz- grüne Koalition deutlich unter ihren Möglichkeiten geblieben. Fast eine Legislaturperiode hat sie gebraucht, um einen Klimaplan aufzustellen, den Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) um ein Haar persönlich gestoppt hätte. Die Koalition hätte etliche Gesetze anpacken müssen, um Brandenburg an die zu erwartenden Klimawandelfolgen anzupassen. Zum Beispiel an die Trockenheit, die den Wald in seiner bisherigen Form bedroht. Die grundsätzliche Notwendigkeit, den Wald hinsichtlich Arten und Altersklassen umzubauen, ist zwar weitgehend Konsens. Aber sobald es konkret wird, beginnen die Blockaden. So wurde Umweltminister Axel Vogel (Grüne) bei seinem Versuch ausgebremst, das Jagdgesetz so zu novellieren, dass die Bäume bei der Naturverjüngung bessere Chancen haben, nicht vom Wild aufgefressen zu werden.
Andere Vorhaben wie ein Wald- oder ein Wassergesetz ging die Landesregierung erst gar nicht an. Der Naturschutz erfuhr einen gewaltigen Rückschritt, als SPD und CDU Ende 2022 in letzter Sekunde ein Gesetz zum Insektenschutz kippten, das aus dem Dialog mit Landnutzer*innen und Naturschutzverbänden entstanden war. Nun darf weiterhin auch in Naturschutzgebieten und in Gewässernähe gespritzt und gedüngt werden, sehr zur Zufriedenheit des Bauernverbands. Nach dieser Erfahrung war die Skepsis groß, ob das ebenfalls im Dialogverfahren entstandene Mobilitätsgesetz Wirklichkeit werden würde. In diesem Fall haben die Regierungsfraktionen im Frühjahr 2024 Wort gehalten: Pluspunkt.
Eindeutig negativ ist die rot-schwarzgrüne Bilanz im Umgang mit den Braunkohletagebau-Folgelandschaften, genauer gesagt: im Umgang mit dem Verursacher der Schäden, dem Energiekonzern LEAG. Sie hat weder Sicherheitsleistungen für die Nachsorge der Tagebaue festgelegt noch unabhängig überprüfen lassen, ob LEAG die nötigen Rückstellungen bildet. Das müsste eine der ersten Amtshandlungen der nächsten Landesregierung sein. Wie auch immer sie zusammengesetzt sein wird, muss sie deutlich machen, dass Klimapolitik auch Sozialpolitik ist – was nützt es, über Strompreise zu klagen, wenn das Wasser im Land knapp wird? Die nächste Landesregierung hat noch einen gewissen Handlungsspielraum, sie muss ihn aber auch nutzen.
Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2024-3.