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Kleine Seen, große Sorgen

09. August 2022 | BUNDzeit

Knapp die Hälfte der Kleingewässer in Berlin ist in einem schlechten Zustand. Ihnen machen Trockenheit und mangelnde Pflege zu schaffen.

Die grüne runde Fläche war früher der Frohnauer Rosenanger, ein Teich. Foto: BUND Berlin

Neben den großen und bekannten Seen und Flüssen gibt es in Berlin mehrere Hundert stehende Kleingewässer: Pfuhle, Weiher, Teiche, Regenrückhaltebecken. Sie sind nicht nur für den Wasserhaushalt der Stadt, sondern auch für den Artenschutzschutz wichtig, dienen sie doch Fröschen, Kröten und anderen Amphibien als Habitat. Für seinen neuen Kleingewässerreport hat der BUND in sechs Bezirken sämtliche Kleinstgewässer erfasst und bewertet.

Das traurige Ergebnis: 168 von 353 in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg-Hohenschönhausen, Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof- Schöneberg, Reinickendorf und Neukölln erfassten Gewässer (47,5 Prozent) zeigen sich in einem schlechten Zustand. 133 von ihnen (37,6 Prozent) sind ausgetrocknet oder enthalten nur noch ein wenig Restwasser, 128 (36,2 Prozent) leiden unter Verlandung und Verbuschung; vor allem Schilf macht sich auf den Wasserflächen breit. In 23 Fällen (6,5 Prozent) sind diese Prozesse so weit fortgeschritten, dass die Kleingewässer nicht mehr als solche zu erkennen sind, sodass von einem Biotopverlust die Rede sein muss.

Der Kleingewässerreport untersucht Gewässer mit einer Oberfläche von bis zu 10.000 Quadratmetern, klammert aber die klassischen Gartenteiche in Eigenheimgärten und Kleingartenparzellen aus. Alle Gewässer haben die BUND-Aktiven mindestens einmal inspiziert. Da die letzten Sichtungen im Sommerhalbjahr 2021 stattfanden, ist nicht ausgeschlossen, dass die Trockenheit des Jahres 2022 weitere Kleingewässer hat trockenfallen lassen.

Die gute Nachricht ist aber, dass die neben Trockenfall, Verlandung und Biotopverlust untersuchten weiteren Mängel relativ selten zu registrieren sind. Vier Prozent der Kleingewässer fallen in die Kategorie übertrieben intensive Pflege und jeweils zweieinhalb bis drei Prozent in die Kategorien Uferverbau/Übernutzung, extreme Verschattung und Isolation. Uferverbau bedeutet fehlende Ausstiegsmöglichkeiten für Amphibien, Verschattung das Fehlen von besonnten Flachwasserbereichen, die für die Laichablage benötigt werden, und Isolation eine Situation, in der das Umfeld so stark versiegelt und der Aktionsradius der Amphibien somit beschränkt ist, dass örtliche Populationen verschwinden.

Bei 108 Gewässern handelt es sich mehr oder weniger um Neuentdeckungen: Sie sind weder in der amtlichen Gewässerkarte noch auf den Listen der Straßen- und Grünflächenämter in den Bezirken verzeichnet. Auf ganz Berlin hochgerechnet könnte die Zahl der Kleingewässer um gut 30 Prozent höher sein als offiziell bekannt. So unvollständig die Datenlage, so verworren ist das Zuständigkeitsdickicht aus Bezirken, Senatsverwaltung, landeseigenen Betrieben und privaten Eigentümer*innen. Weil vor Jahren für nahezu alle in Bezirksverantwortung stehenden Kleingewässer pauschal die niedrigste Pflegeaufwandsklasse festgelegt wurde, fehlt es nun an Geld für ihren Erhalt. Nötig wären vor allem regelmäßiger Schilfschnitt in Richtung Wasserfläche und eine Entschlammung alle 20 bis 30 Jahre.

Der Schutz der Kleingewässer ist allerdings keine freiwillige Aufgabe, sondern gesetzliche Pflicht. Fast 53 Prozent der als mangelhaft eingestuften Gewässer genießen nach dem Bundesnaturschutzgesetz einen besonderen Schutzstatus oder sind dafür vorgeschlagen. Unabhängig davon gelten für alle Oberflächengewässer das Verschlechterungsverbot und die Verbesserungspflicht der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Der BUND fordert unter anderem, alle verfügbaren Daten zu einem Standgewässer-Kataster zusammenzuführen, die Pflege der Wasserflächen finanziell höher einzustufen und verlorene Biotope durch neuangelegte Kleingewässer zu ersetzen. Vor allem aber muss ein intelligentes Regenwassermanagement dafür sorgen, dass trotz Oberflächenversiegelung wieder mehr Niederschläge den Weg in die kleinen Seen finden.

Zum BUND-Kleingewässerreport 2021/22

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 22-3. Mehr zum Schwerpunktthema „Trockenheit“:

Noch nicht schwammig genug: Was wir in Berlin und Brandenburg tun müssen, um Wasser in der Landschaft zu halten
„Wir befinden uns im Kippmodus“: Hydrogeologie-Professorin Irina Engelhardt im Interview
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