Der BUND Brandenburg fordert, statt eines Bestandsmanagements und Erleichterungen für den Wolfsabschuss unbürokratische Unterstützung für wolfsabweisenden Herdenschutz.
Der Wolf ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Der Erhaltungszustand der Wolfspopulation ist in Brandenburg wie in Deutschland derzeit ungünstig bis schlecht. Die Wolfsverordnung regelt den Umgang mit frei lebenden Wölfen. Besonders relevant ist der Umgang mit Wölfen, die Herdentiere gerissen oder sich Menschen gegenüber auffällig verhalten haben.
Wolfsverordnung verletzt Schutzstatus des Wolfes
Bereits im ersten Paragraphen ist die neue Wolfsverordnung rechtswidrig. Das Verscheuchen von Wölfen soll erlaubt werden, wenn Wölfe z.B. in geschlossene Ortschaften eingedrungen sind. Aber der strenge Schutzstatus der Wölfe gilt auch, wenn Wölfe sich in der Nähe von oder sogar in Siedlungen befinden, so lautet ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes. (Das Verscheuchen beinhaltet auch das Werfen von Gegenständen. Der Wolf dürfte nach der Wolfsverordnung dadurch „nicht erheblich“ verletzt werden – leichte Verletzungen wären also erlaubt.)
Definition von auffälligem Wolfsverhalten nicht korrekt
Die Wolfsverordnung lässt die Vergrämung zu, wenn der Wolf sich auffällig verhält. Wie bereits in der aktuellen Wolfsverordnung gilt es als „auffälliges Verhalten“, wenn Wölfe sich wiederholt tagsüber in geschlossenen Ortschaften oder über mehrere Tage hintereinander in der Nähe von Siedlungen aufhalten. Das ist aber kein auffälliges, sondern ein ganz natürliches Verhalten. Vor allem junge Wölfe durchstreifen auf der Suche nach einem eigenem Revier immer mal wieder Ortschaften. In der Wolfsverordnung fehlt also eine exakte fachliche Definition für „verhaltensauffälliger Wolf“.
Erleichterungen für den Abschuss von Wölfen zum Teil rechtswidrig
Das Töten von Wölfen soll, wie bereits in der aktuellen Wolfsverordnung, erlaubt sein, wenn mehrmals Weidetiere gerissen oder verletzt wurden, obwohl Herdenschutzmaßnahmen vorhanden waren. Hier definiert die neue Verordnung den Zeitrahmen der wiederholten Risse enger.
Neu ist, dass der Abschuss auch möglich sein soll, wenn Wölfe Herdentiere zum Ausbruch veranlasst haben. Hier ist aber schwer zu beurteilen, ob ein Wolf wirklich der Auslöser für den Ausbruch war, oder ob die Tiere aus anderen Gründen ausgebrochen sind und der Wolf sie danach gerissen hat.
Eine Voraussetzung für das legale Abschießen von Wölfen soll auch sein, dass die Anzahl der Wolfsrisse in einem Gebiet signifikant höher liegt als im Landesdurchschnitt. Das ist eindeutig rechtswidrig. Es besteht grundsätzlich das Problem, dass bei über 80% der Wolfsübergriffe die Herden nicht wolfsabweisend geschützt sind. Der hohe Prozentsatz schlecht geschützter Weidetiere hat eine hohe Risszahl zur Folge. Der schlechte Herdenschutz würde also den Abschuss der Wölfe befördern. Deshalb ist dieser Absatz aus der Verordnung zu streichen.
Unrealistisch und nicht tragbar
Ein Wolf mit Welpen soll nur geschossen werden, wenn das andere Elternteil in der Lage ist, die Welpen allein großzuziehen. Das zu beurteilen, setzt eine 24/7 Beobachtung voraus und ist völlig unrealistisch. Wenn beide Wolfseltern geschossen werden müssen, sollen die Welpen zuerst erlegt werden. Das ist angesichts des schlechten Erhaltungszustandes der Population nicht tragbar.
Qualifikation befugter Personen
Der BUND Brandenburg fordert, dass nur geschulte Wolfsberater die Befugnis erhalten, zu bewerten, ob das Verhalten eines Wolfes auffällig ist.
Das Töten und Vergrämen erlaubt die Verordnung Personen, die einen gültigen Jagdschein oder eine andere waffenrechtliche Erlaubnis besitzen. Dabei ist weder das Vergrämen mit Gummigeschossen noch der Abschuss von Wölfen Bestandteil der Jagdausbildung. Viele Menschen, die einen Waffenschein besitzen, haben noch nie ein Tier geschossen und sollen jetzt Wölfe schießen dürfen. Die Wolfsverordnung müsste genauer definieren, über welche Qualifikationen die zum Abschuss berechtigte Person verfügen muss.
Monitoring um genetische Untersuchungen erweitern
Derzeit wird in Brandenburg nur die Anzahl der Wölfe dokumentiert. Das reicht nicht aus. Eine genetische Untersuchung muss zwingend vorgeschrieben werden, weil anhand der Genetik Rückschlüsse auf Individuenzahlen, Verwandtschaften und das Vorkommen von Hybriden möglich sind. Über Verwandschaftsanalysen lassen sich die Wanderungsbewegungen von Wölfen besser nachvollziehen.
Unbürokratische Hilfe für Herdenschutz notwendig
Der Erhaltungszustand der Wolfspopulation ist in Brandenburg wie in Deutschland derzeit ungünstig bis schlecht. Für das Monitoringjahr 2020/21 konnten in Brandenburg 49 Rudel und 8 Paare nachgewiesen werden. Jede Entnahme eines Wolfes beeinträchtigt den Erhaltungszustand. Statt ein Bestandsmanagement einzuführen und den Abschuss der Wölfe zu erleichtern, sollte das Umweltministerium diejenigen unterstützen, die wolfsabweisenden Herdenschutz praktizieren wollen. Die Unterstützung muss unbürokratisch und zeitnah erfolgen.
Weiterführende Links:
Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf der neuen Wolfsverordnung vom Dezember 2021