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Ein Paradies für Schmetterlinge

24. August 2021 | BUNDzeit, Naturerleben

Das Naturschutzgebiet Löcknitztal durchzieht als wildes Band die monotonen Kiefernwälder östlich von Erkner. Ein Teilstück bietet sich für eine sommerliche Wanderung an.

Etwa fünf Kilometer lang ist der Teil des Löcknitztales zwischen Klein Wall und Löcknitzbrücke in Grünheide, durch den ein Wanderweg in Ost-West-Richtung führt. In Ermangelung eines Rundwegs gibt es nun zwei Möglichkeiten. Entweder spazieren wir den Fußweg auf der nördlichen Flussseite erst in die eine, dann in die andere Richtung. Dafür empfiehlt sich der Bahnhof Fangschleuse als Ausgangspunkt. Oder wir hasten nach dem Motto „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“ vier Kilometer vom Bahnhof Hangelsberg über einen ausgeschilderten Forstweg durch den Kiefernstangenwald nach Klein Wall.

Eine Infotafel klärt uns in Klein Wall darüber auf, dass der Weiler im 17. Jahrhundert das wirtschaftliche Zentrum der Rüdersdorfer Heide war. 1662 gestattete der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm zwei Bediensteten – dem Bauschreiber und dem Leibschneider seiner Gattin –, die Löcknitz für eine Wassermühle zum Holzschnitt zu nutzen, später wurde auch Korn gemahlen. 1987 errichtete eine Fischereigenossenschaft eine Forellenzucht- und -mastanlage, die 1990 wieder den Betrieb einstellte. Interessant ist aber auch, was nicht auf der Tafel steht: Gegen die Forellenfabrik gab es zu DDR-Zeiten erheblichen Widerstand. Ausgerechnet die Gesellschaft für Natur und Umwelt (GNU), die unter dem Dach des Kulturbunds die Umweltschutzbestrebungen der Bevölkerung in eine genehme Richtung lenken sollte, machte Druck wegen der befürchteten Verschmutzung der Löcknitz, deren Tal seit 1984 unter Naturschutz steht. In einem beispiellosen Vorgang schaltete die GNU die Justiz ein und enttarnte Falschgutachten zugunsten der Fischzucht, letztlich aber erfolglos. Im kleineren Maßstab gibt es die Fischzucht heute noch. Auf seinen ersten 300 Metern führt der Löcknitztal-Wanderweg an Forellenteichen vorbei, aus denen wenig ambitionierte Angler*innen gegen Bezahlung Fische aus dem Wasser holen, ohne sich allzu sehr anstrengen zu müssen.

Sobald die Forellenanlage auf der linken Seite und das verlassene Ferienlager Klein Wall auf der rechten Seite hinter uns liegen, gabelt sich der Weg. Wir nehmen den nicht ausgeschilderten, kaum zu erkennenden Fußpfad schräg links. Der führt an verlassenen Datschen vorbei gute 500 Meter durch den Wald, bis er die erste von mehreren Wiesen erreicht, die so charakteristisch für das Löcknitztal sind. Keine Menschenseele ist weit und breit zu sehen, das Vogelzwitschern wird aber immer wieder von anthropogenen Geräuschen überlagert. Alle paar Minuten rauscht ein Flugzeug auf dem Weg vom beziehungsweise zum BER oder ein Zug auf der Bahnstrecke nach Frankfurt (Oder) vorbei. Und gerade einmal 800 Meter südlich der Löcknitz liegt das Areal, auf dem Tesla ab Jahresende Elektroautos herstellen möchte. Der mutmaßliche Wasserverbrauch der „Giga-Factory“ bereitet nun Kopfzerbrechen. Was, wenn Tesla auf seinem Gelände Brunnen gräbt und den Auen der Löcknitz das Wasser entzieht?

Das Naturschutzgebiet hat einen eigentümlichen Zuschnitt. Es umfasst den Flusslauf auf einer Länge von gut zwölf Kilometern, misst an seiner breitesten Stelle aber gerade mal einen Kilometer. Die Löcknitz selbst zeigt sich nur an wenigen Stellen, sie ist von einem dichten Erlenbruch gesäumt, der in einen Grünlandgürtel übergeht. Am Rande dieses Gürtels verläuft der Fußweg, rechterhand beginnt die Kiefernmonokultur außerhalb des Schutzgebiets. Kurz bevor der Wanderpfad wieder auf den parallel verlaufenden Forstweg einschwenkt, erreichen wir eine Pfeifengraswiese, über der dichter Flugverkehr herrscht. Hunderte, wenn nicht Tausende Schmetterlinge schwirren von Blüte zu Blüte. Wer hier nicht fasziniert zusieht, ist wirklich selbst schuld. Bislang wurden 660 Großschmetterlingsarten im Löcknitztal nachgewiesen, darunter stark gefährdete Arten wie der Große Feuerfalter. An einer der wenigen Stellen, an denen der Wanderweg direkt ans Ufer der Löcknitz führt, steht ein als „Fontane-Kiefer“ ausgewiesener, altehrwürdiger Baum – ein guter Anlass nachzuschlagen, was der Brandenburger Wanderschriftsteller zur Löcknitz schrieb. „Keines unter all diesen Wässerchen aber ist vielleicht reizvoller und unbekannter zugleich“. Damit hat er nicht ganz unrecht.

An der Landstraße, die den Bahnhof Fangschleuse mit Grünheide verbindet, endet das Naturschutzgebiet Löcknitztal. Ab hier haben wir drei Optionen: den Regionalexpress Richtung Berlin und Potsdam besteigen, dem Löcknitztal-Wanderweg weitere 6,5 Kilometer nach Erkner folgen oder ein Bad am Südstrand des Wörlsees (1,2 Kilometer) nehmen.

Dieser Artikel erschien in der BUNDzeit 2021-3.

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